Der Bauablauf

Am 29. April 1928 wird Pastor Johann Speicher als neuer Pfarrer der Pfarrei St. Agatha in Merchingen eingeführt. Er kommt mit dem bischöflichen Auftrag, hier eine neue Kirche zu erbauen.

Bereits drei Wochen nach der Einführung des Pastors beschließt der Kirchenvorstand den Neubau. Die Pfarrgemeinde stimmt am 27. Mai in einer Versammlung dem Beschluss zu. Der neu belebte Kirchbauverein sowie alle kirchlichen Vereine beginnen unverzüglich mit Aktivitäten zur Beschaffung der erforderlichen Finanzmittel.

In seinem Brief vom 12. Juni 1928 schreibt Pastor Speicher an den Architekten Professor Dr. Clemens Holzmeister in Wien:

„Die kath. Pfarrgemeinde Merchingen muss in den nächsten Jahren eine neue Pfarrkirche, Pfarrsaal und Pfarrhaus bauen. Wir zählen 830 Seelen, (…) Die Sammlung für den Bau ist mit aller Energie aufgenommen, (…) Ich wünsche einen Bau in modern-gemäßigten Formen, der im Innern einen schönen, freien Kirchenraum bietet und im Äußeren das Dörflein beherrscht und ihm eine charakteristische Note verleiht. (…) Als altes Mitglied der „Christlichen Kunst“, München, habe ich alle Veröffentlichungen mit großem Interesse verfolgt und glaube in Ihnen, verehrter Herr Professor, den Architekten gefunden zu haben, der unserm Bauvorhaben wohl die glücklichste Lösung sichern wird.“

Bereits am 15. Juni antwortet Holzmeister und signalisiert Interesse. Bei seinem ersten Besuch in Merchingen lernt er den Bauherrn kennen und macht sich ein Bild vom Dorf und seiner Umgebung.

Am 24. Oktober 1928 schickt er einen Vorentwurf mit folgenden Erläuterungen an den Pastor: „(…) Was die äußere Erscheinung betrifft, so war es mir darum zu tun, den schlichten Charakter des Ortes nicht durch einen Fremdkörper zu zerstören, sondern ihn anpassend aufzubauen und eine schlichte aber eindrucksvolle Dominante zu schaffen. (…) Die Kirche selber ist in Kreuzform gedacht und bietet, wie ich glaube, nicht nur einen ökonomischen Grundriss sondern auch einen sehr einfachen und wirtschaftlichen Aufbau ohne unnötige Kubaturen. Der Sängerchor ist um den Hochaltar angelegt und betont so noch die Wirkung des Hochaltars. (…) Große Freude hätte ich, wenn Sie dem Werk, an dem ich mit viel Freude und ehrlich gearbeitet habe, Ihre Sympathie entgegen bringen würden.“

Mit dem Bau und seiner Finanzierung vollbrachte die kleine Gemeinde einen gewaltigen Kraftakt, der in der Grundstein-Urkunde wie folgt gewürdigt ist: (…) Selbst die stürmischen Zeitläufe konnten das heiße Verlange nicht vernichten, das aufs Neue heroische Opfer brachte, so dass in einem Jahr eine größere Summe gesammelt war, als man bei der allgemeinen Not und den schlechten Ernteaussichten auch nur erhoffen konnte. In einem Winter, der so kalt war, wie kein Mensch sich mehr erinnern kann, wurden unentgeltlich die Steine gebrochen, mit unsäglicher Mühe wurden die Fundamente ausgeschachtet, die Baumaterialien von Merzig heraufgefahren, alles mit einer solchen Begeisterung, dass selbst die furchtbare Kälte des Winters zu vergehen schien vor der Glut des Eifers für das Haus Gottes.

Architekt und Pastor haben es verstanden, die anfangs zögerlichen Pfarrangehörigen für das Vorhaben zu begeistern und zu hohen Arbeitsleistungen und Opfern anzuspornen.